Was Du von Pferden über Gefühle lernen kannst

„Gefühle – sind das nicht diese kleinen unberechenbaren Monster, die dir einen Strich durch die Rechnung deiner Pläne machen und dich von deinem Höhenflug wieder auf den Boden der Tatsachen herunterholen?“

„Ach was, das sind doch nur Gefühle! Kleine harmlose Wesen, die kommen und gehen wie es ihnen beliebt. Du nimmst sie einfach nur zu ernst. Du bemisst ihnen zu viel Gewicht bei. Mach doch einfach dein Ding. Setz dich mit deiner Gedankenkraft durch und verschwende keinen Deut deiner Aufmerksamkeit an deine Gefühle!“

Das sind zwei Möglichkeiten mit Gefühlen umzugehen: Drama oder Ignorieren. Beide werden im wahrscheinlichsten Fall früher oder später nach hinten losgehen.

Von den Pferden habe ich eine dritte Möglichkeit gezeigt bekommen, mit Gefühlen umzugehen.

  1. Lektion

    Ich bin voll im Drama. Nur noch am Heulen. Am Boden. Die Welt ist schrecklich und grausam, und überhaupt … ich bin nichts wert und was soll ich überhaupt hier. Ich suche Halt bei meinem Pferd. Seine Antwort ist: Krasse Energie, ich gehe eben mal weg, das ist ja nicht auszuhalten.

  2. Lektion

    Ich bin mit meinen Gefühlen voll in Kontakt. Wieder ist da Schmerz. Diesmal eine Sehnsucht, die sich nicht erfüllt. Doch etwas ist nun anders. Trotzdessen, dass ich tief mit dem Gefühl in Kontakt bin, bin ich auch mit mir selbst, mit diesem Moment und mit meinem Pferd im Kontakt. Ich bin zutiefst lebendig, ohne die Intensität einschränken zu müssen oder mich darin zu verlieren. Ich fühle, was ist. In mir, um mich herum. Ich bin einfach da. Und ich bekomme das größte Geschenk von meinem Pferd: Es kommt frei mit mir, schließt sich mir freiwillig an und kommt flüssig von der Herde mit mir mit (was nicht immer selbstverständlich ist) – wir haben einen wunderbar harmonischen und kraftvollen Ausritt, ohne Diskussionen oder Aufreger – wir sind einfach miteinander, beieinander in einem gemeinsamen Raum, den wir gemeinsam halten.

  3. Lektion

    Die Gefühle haben mich mal wieder erwischt. Ich fühle mich nicht gut und mir ist nach Weinen und Schlafen (es ist Neumond und ich bekomme bald meine Tage – dies sei zu meiner Verteidigung gesagt ;)), und doch bin ich bei den Pferden. Und das ist sehr wohltuend: Denn die haben kein Mitleid im Sinn. Sie werten auch meine Tränen nicht. Oder meine Höhenflüge. Vielmehr kommen sie mit ganz „egoistischen“ Fragen zu mir: Kannst du mich hier kraulen? Hast du was zu futtern dabei? Sie fordern mich mit diesen einfachen Fragen auf ins Hier und Jetzt zu kommen, meinen Raum einzunehmen, auf meine Grenzen aufzupassen und gleichzeitig in einen stimmigen Kontakt mit ihnen zu gehen. Wie gut das tut! Wie sehr das erdet! Und während ich mein Pferd durch“schrubbe“, fällt auch etwas seelischer Ballast von mir ab. Ich falle ins Jetzt.

    Und plötzlich verstehe ich die Botschaft der Pferde, sie scheint mehr von der Stute zu kommen, als von meinem Wallach (der ist da nicht so gesprächig ;)): Es gibt nur das Jetzt. Auch die Gefühle sind im Jetzt. Du musst sie nicht werten. Du musst nicht gegen sie kämpfen. Sei einfach hier. Jetzt. Bleibe in Kontakt mit allem um dich und in dir. Du kannst auch mit Traurigkeit oder Aufgeregtheit voll präsent sein und handeln und Grenzen setzen. Drama macht keinen Sinn. Es spielt keine Rolle für uns, wie du gestern warst oder morgen sein wirst. Wie du dein gestriges Handeln oder Fühlen bewertest. Nur deine Präsenz und dein Handeln im Jetzt machen einen Unterschied für uns. Nur dieser Moment ist real.

Gefühle sind nichts Gruseliges oder Unberechenbares. Gefühle sind aber auch nicht zu unterschätzen. Sie wollen gefühlt werden. Sie wollen gefühlt werden, ohne dass wir den Kontakt zu uns, zum Jetzt und unserer Umgebung verlieren. So können sie integriert werden. So können wir das, was sie uns mitzuteilen haben, bewusst werden lassen und verstehen. So können wir lernen, ihre Energie zu lenken und für unsere Projekte einzusetzen.

Eine Antwort auf „Was Du von Pferden über Gefühle lernen kannst“

  1. Gefühle sind doch die Überraschungen des Tages. Sie entstehen aus Situationen verbunden mit unseren Gedanken dazu, eben unsere Bewertungen darüber. Wenn du dich ärgerst oder wütend bist, dann zeige es. Bist du glücklich oder freust du dich, dann zeige es. Trage es nach außen. Behalte es nicht für dich allein! Ob du es zeigst oder nicht, und wie du es zeigst macht dich sichtbar. Du kannst auch in Liebe fluchen, oder im Haß freundlich sein. Das geht – wollen wir wetten !! Spannend ist dann auch immer, wie andere das bewerten und darüber denken. Das wiederum ist ihre Sache, und hat erst einmal nichts mit den tatsächlichen Gefühlen zu tun. Wenn Du Dich einmal erlöst hat von der Vorstellung nur die angenehmen Gefühle zu zeigen, kannst Du aus dem Reich der Scheinharmonie heraustreten. Gefühle, wie Frust, Ärger, Freude oder Glück usw. zeigen zu können ist Freiheit, die von innen kommt.
    Danke für deinen Beitrag – Pferde sind in der Tat hervorragende Lehrmeister.

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